Bookmark and Share

«Bei meinem ersten bezahlten Auftritt erhielt ich 50 Franken Gage»

Der Feusisberger Starmagier Peter Marvey feiert morgen seinen 50. Geburtstag. Im Interview spricht er über seine Anfänge, seine Illusionen und die Shows in der ganzen Welt. Ausserdem verrät er, auf welchen Auftritt er momentan hinarbeitet.

mit Peter Marvey sprach Irene Lustenberger

Peter Marvey, Sie werden 50 Jahre alt. Wie feiern Sie Ihren Geburtstag?

Es gibt nur einen Ort, an dem ich meinen Geburtstag gebührend feiern kann: hier im Magic-House. Man darf sich privat wieder mit 30 Personen treffen, und dem passe ich mich an. Viele beginnen das Zaubern mit einem Zauberkasten, üben Tricks und treten dann an Festen auf. Wann haben Sie gemerkt, dass aus Ihnen etwas Grosses werden könnte?

1992 gab es auf dem Opernhaus-Platz einen Talent-Wettbewerb. Heutzutage wäre das wohl «Die grössten Schweizer Talente». Das war mein erster Wettbewerb überhaupt, und es nahmen Artisten, Sänger und andere Talente daran teil. Ich erreichte unter 95 Teilnehmern den zweiten Platz. Das gab den ersten Schub und ich merkte, dass ich wohl nicht so schlecht bin. Können Sie sich an Ihren ersten Auftritt vor Publikum erinnern? Zuerst trat ich vor Freunden auf. Während meiner Zeit an der Kantonsschule Zürcher Oberland gab es die HobExpo, wo man sein Hobby vorstellen konnte. Bei meinem ersten Auftritt dort war ich extrem nervös. Den ersten bezahlten Auftritt hatte ich ebenfalls an der Kanti. Die Mutter eines Schulkollegen feierte ihren 50. Geburtstag, und ich habe für sie gezaubert. Und ich erhielt 50 Franken.

Marvey ist nicht Ihr richtiger Name. Wie sind Sie auf den Künstlernamen gekommen? Ein Jahr nach am Talentwettbewerb gewann ich an einem Kongress in Deutschland. Ein französischer Zauberer kam zu mir und meinte, dass ich einen besseren Künstlernamen brauche. Ich weiss nicht mehr genau, wie ich mich zu Beginn nannte, aber es klang wie ein italienischer Clown (lacht). Durch meinen Sieg gewann ich elf Engagements auf der ganzen Welt. Ich machte mir dann Gedanken, habe Telefonbücher und Wörterbuch durchforstet und kam aus verschiedenen Gründen auf Marvey. Erstens hiess eine Schulkollegin Harvey. Und ich dachte, wenn es Harvey gibt, kann man sich auch Marvey nennen. Zweitens kommt Marvey von marvellous oder merveilleux, was «wunderbar» bedeutet. Sie haben für die Zauberei Ihr Architekturstudium abgebrochen. Haben Sie das jemals bereut? Nein, überhaupt nicht. Vor allem nicht, als ich das Magic-House gebaut habe und gesehen habe, was die Architekten alles machen müssen (lacht). Sie leben seit fast 30 Jahren von der Zauberei und sind zu normalen Zeiten auf der ganzen Welt unterwegs. Inwiefern waren Sie von der Corona-Krise betroffen? Was ich nie gedacht hätte, ist, dass es die ganze Welt betrifft. Wenn in der Schweiz mal etwas wäre, könnte ich mein Material innert zwei Tagen in Kisten packen, verschieben und im Ausland auftreten. Aber das war jetzt ja nicht möglich. Im Gegenteil: Ich war froh, dass ich wenigstens im kleinen Rahmen im Magic-House auftreten konnte. Was haben Sie in den vergangenen rund anderthalb Jahren gemacht? Als Selbstständiger ist man immer aktiv. Ich habe neue Illusionen ausgedacht und umgesetzt. Ausserdem habe ich an anderen Plänen gearbeitet, weiss aber noch nicht, ob ich diese umsetzen kann. Diese haben mit Zauberei zu tun, aber nicht nur. Was haben Sie am meisten vermisst?

Ganz klar die Shows im Ausland. Es wird auch jetzt noch vieles verschoben. Unter anderem hätte ich Anfang diesen Jahres am Circus-Festival in Monte-Carlo auftreten sollen. Weil das Festival im nächsten Jahr nur in reduzierter Form stattfindet, hat es keinen Platz für mich. Deshalb bin ich nun erst im Januar 2023 dabei. Der Weltweihnachtscircus in Stuttgart, für den ich ebenfalls engagiert wurde, findet in diesem Jahr hoffentlich statt. Aber die Situation in der Schweiz ist momentan komfortabler als in anderen Ländern. Sie sind schon in über 50 Ländern auf fünf Kontinenten aufgetreten. Reagiert das Publikum im Fernen Osten oder in Südamerika anders als in Europa? Ja. Das kommt aber nicht unbedingt aufs Land an, sondern auf den Anlass und ob die Zuschauer etwas getrunken haben (lacht). Im Mittleren Osten rannte ein Zuschauer bei der Illusion «Ultimate Cut», bei der ich mich zweiteile, auf die Bühne, weil er mir helfen wollte.

Gibt es einen Auftritt, den Sie nie vergessen werden? Da gibt es viele. Etwa der eben Erwähnte im Mittleren Osten. Oder in Singapur sassen die Zuschauer an grossen Tischen. Während der Show begannen die Leute am ersten Tisch plötzlich zu schreiben, dann jene am zweiten. Ich fand dann irgendwann heraus, dass diese sich zuprosteten (lacht). Als wir im Kingkey Tower in China auftraten, wollten wir im Vorfeld die Pyro testen. Zur Sicherheit taten wir dies draussen. Es gab tatsächlich eine Explosion, und die Polizei erschien. Stellen Sie sich das vor, eine Explosion neben einem der höchsten Gebäude der Welt … Kommen bestimmte Illusionen hierzulande besser an als im Ausland?

Ja, das hat aber verschiedene Gründe. Im Mittleren Osten darf es nicht zu blutig sein, weil das verstörend sein könnte. Obwohl bei mir ja kein Blut fliesst… In Japan musste ich wegen eines geschehenen Kriminalfalls eine Illusion austauschen. In Indonesien traten wir im Fernsehen auf. Und weil das ein muslimisches Land ist, mussten die Tänzerinnen Kleider anziehen, die etwas weniger Haut zeigen. Wichtig ist, dass wir das frühzeitig wissen, damit wir uns anpassen können. Wir haben einige Anfragen aus Saudi-Arabien erhalten, und auch dort ist vorgeschrieben, dass die Tänzerinnen sich anders kleiden müssen als normal.

Ein Profi-Musiker oder Sportler muss täglich üben, um mithalten zu können. Wie sieht das bei Magiern aus? Ich fliege eine Runde ums Haus, und das wars dann (lacht). Nein, im Ernst, mit dem Rubik Cube und den Karten übe ich oft. Die Illusionen mit dem Team übe ich vor den Shows. Welche Ihrer Illusionen ist Ihre liebste und warum? Der Diamant, das Fliegen und das Zersägen. Der Diamant und das Zersägen bringen Action, und das Fliegen war immer ein Traum. Ich habe jahrelang geübt, bis es geklappt hat. Man sagt ja, Erfahrung macht weise. Was würden Sie heute anders machen als zu Ihren Anfangszeiten?

Ich würde all die kleinen Fehler vermeiden. Die hat es aber gebraucht, damit ich heute relativ zielstrebig vorgehen kann und es meistens funktioniert. Aber ich versuche schon, einen Fehler nicht zweimal zu machen. Mit welchen Plänen starten Sie ins neue Lebensjahrzehnt? Nebst meinen Shows im Magic-House hoffe ich, dass ich endlich auch wieder im Ausland auftreten darf. Geplant sind wie erwähnt Stuttgart und Monte-Carlo. Anfragen gibt es auch aus den USA und Saudi-Arabien.

Ist eine neue Illusion geplant?

Mein Hauptaugenmerk liegt momentan klar auf Monte-Carlo. Ich muss meine Illusionen anpassen und neue erfinden. Denn ich möchte dort etwas zeigen, das man noch nie in einem Zirkus gesehen hat.

«Ich war froh, dass ich im kleinen Rahmen im Magic-House auftreten durfte.» «Marvey kommt von marvellous, was ‹wunderbar› bedeutet.»

Peter Marvey wird morgen 50 Jahre alt. Zusammen mit Schwester Beatrice war er bereits als Kind vom Rubik Cube begeistert. Beatrice diente ihm früher auch als «Assistentin» bei seinen Zaubertricks.

Bilder Irene Lustenberger/zvg

Bookmark and Share